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„Früher war es doch viel schlimmer“: Die Drogenszene

Aktuelle Situation

Zwischen Sielwallkreuzung und Ziegenmarkt werden Tag und Nacht ungestört Drogengeschäfte abgewickelt. Die Zahl der Dealer steigt von morgens zehn, nachmittags zwanzig und bis zu fünfzig in den späten Abendstunden; an lauen Sommerabenden gibt es oft mehr Drogenhändler als Passant*innen. Sie stehen zu keinem anderen Zweck dort aufgereiht als dem, „Stoff“ anzubieten. Es wird dort offen gedealt, häufig erfolgt die Übergabe der Drogen auch in den Nebenstraßen. Absprachen mit diesen Außenposten erfolgen per Smartphone.
Razzien der Polizei sind äußerst selten. Deren Strategie: Diese kleinen Dealer dulden, Szene großzügig unter Kontrolle halten. Passanten und Anwohner verhalten sich weitgehend passiv bzw. ängstlich.

Bahnhof hui – Stadtviertel pfui?

Als Innensenator Mäurer verkündete, die Situation am Hauptbahnhof zu verbessern, hat niemand der Bevölkerung gesagt, dass man die Probleme nicht lösen, sondern nur verlagern könne, in andere Stadtteile, u.a. ins Viertel, in dem sich schon seit Jahren die Probleme zuspitzen. Die Verlagerung hat hier mehr offene, aggressive Dealerei, deutlich mehr neben sich stehende Suchtkranke, Beschaffungskriminalität sowie Müll, Spritzen, Menschenkothaufen usw., nach sich gezogen.
Es ist nicht hinnehmbar, dass der öffentliche Raum für Kinder, Jugendliche, Frauen, ältere und körperlich beeinträchtigte Menschen nur noch eingeschränkt genutzt werden kann, bzw. gemieden wird, dass immer mehr Geschäftsleute ihre Kundschaft verlieren und aufgeben müssen, dass – noch oben drauf – die erhebliche Ausweitung der Prostitution in der Helenenstraße in Planung ist.  Der Sinn einer Stadt dürfte weniger darin liegen, dass Menschen gern am Bahnhof ankommen, sondern darin, dass die Menschen sich in ihren Quartieren wohl und sicher fühlen, den öffentlichen Raum zur Begegnung nutzen, ihn mitgestalten, und froh darüber sind, genau hier zu leben.

Hintergrund

Bis ca Ende der 90er Jahren wurde die Drogenszene in den Seitenstraßen rund um das Sielwall-Eck von Abhängigen dominiert, die sich einen Schuss setzten. Heute sind es die Massen von Dealern, geballt zwischen Sielwallkreuzung und Ziegenmarkt. Die Drogenqualität hat sich verändert. Die Szene ist hierarchisch organisiert. Der offene Straßenhandel wird von Ordnungsbehörden (und örtlichen Politikern) offenbar nicht als strafbares Delikt behandelt.

Problem-/Konfliktbereich

Die schiere Anzahl und Auffälligkeit der Dealer wird zum beherrschenden Eindruck des Entrees zum Steintorviertel. Für die Kaufleute bedeutet diese Szenerie einen großen Standort-Nachteil. Viele Kunden, die im Ostertor einkaufen, überwinden diese Schwelle nicht, um auch im Steintor zu shoppen. Die Helenenstraße und manche Kioske sind Rückzugsgebiete für kriminelle Geschäfte.
Eltern meiden den Bezirk mit ihren Kindern, Jugendliche werden zum Drogenkauf animiert. Nur eine kleine Minderheit von Viertelbewohnern gehört zur Klientel der Dealer; die meisten erleben diese nicht als kulturelle Bereicherung, im Gegenteil: Kommunikation ist von deren Seite unerwünscht. Wer sie auf ihr Tun anspricht, wird aggressiv bedroht und beleidigt.

Perspektive

Dezentralisierung, besser: Austrocknung des Drogenhandels im Viertel! Konsequente
Verfolgung strafbarer Handlungen. Information der Bevölkerung über die Erfolge der verdeckten Ermittlungen der Polizei. Umgestaltung des Straßenzuges zwischen Sielwallkreuzung und Ziegenmarkt zu einer attraktiven Flaniermeile, die für die Drogenhändler unbequem und ihren Geschäften nicht zuträglich ist

Kurzfristige Lösung

Die Verdrängungspolitik der Suchtszene vom Hauptbahnhof muss sofort aufhören und darf erst weitergeführt werden, wenn ein adäquater Umgang mit der ausweichenden Suchtszene in den anliegenden Wohnquartieren gefunden, finanziert und umgesetzt wurde.

Ordnungsdienst und/oder Polizei patroullieren durchgehend zwischen Sielwallkreuzung und Ziegenmarkt. Routine-Kontrollen erschweren die Geschäfte.

Verbesserung der Beleuchtungen in Fehrfeld, Linienstraße und anderen umliegenden Straßen.

Bürger verkaufen ihrerseits – ohne Lizenz – Waren aller Art auf den Bürgersteigen, um auf die Illegalität des Drogenverkaufs aufmerksam zu machen.